Lesen schreiben und Rechnen

Lesen schreiben und rechnen

Meine Mutter hat in meiner Kindheit immer gesagt: «Rechnen Schreiben und Lesen musst du dein ganzes Leben lang immer können.» Das war, als sie damals verzweifelt neben mir in meinem Zimmer sass und mich versuchte zu motivieren Hausaufgaben von der Schule zu lösen. Das war für sie eine oft nicht einfache Aufgabe, denn vielfach hat sie die Materie unserer selber nicht richtig verstanden. Aber sie hat sich immer sehr viel Mühe gegeben, was man von mir hingegen nicht immer behaupten konnte. So wollte sie mir während einer Fahrt zum Flughafen, welche ich mir gewünscht hatte, um Flugzeuge beim Starten und Landen anzusehen, das EinmalEins üben um die Fahrzeit besser zu nutzen. Ich hingegen wollte nicht rechnen und daraufhin hat sie gewendet und mein Flughafenbesuch ist ins Wasser gefallen.

Später während meiner Ausbildung habe ich den Computer kennengelernt und stellte fest, dass der Computer besser rechnen kann als ich. Somit beschränkte ich mich auf das suchen und Finden von Lösungen und nicht auf die Mathematik. Auch heute starte ich bei einfachsten mathematischen Aufgaben lieber ein Excel als dann die eigenen Gehirnzellen zu aktivieren. Das Rechnen habe ich dadurch immer mehr verlernt.

Mit dem Aufkommen von Smartphones ist auch die Sprachsteuerung in mein Leben getreten. «Ok Google, schreibe eine Nachricht an meine Mutter ich komme später zum Essen, senden.» Und schwupp war die diktierte WhatsApp Textnachricht weg, auch ohne Schreiben zu können. Wenn ich mit einem Gast in der Küche stehe und der Gast fragt mich wann der nächste Zug nach Zürich fährt sage ich» ok Google, wann fährt der nächste Zug ab Bellinzona nach Zürich?», «Der nächste Zug nach Zürich fährt ab Bellinzona um 16:21 Uhr.» tönt es aus dem Lautsprecher. lesen? Schreiben? Fehlanzeige!

Mein Sohn hat seine Maturaarbeit zum Thema «Luzide Träume» gemacht. Er hat mich gebeten diese Arbeit Korrektur zu lesen. Ich habe mir diese Arbeit vom Sprachassistenten vorlesen lassen. Man kann viel aufmerksamer Notizen machen wenn man einen Text vorgelesen bekommt und man einfach sagen kann «ok Google letzter Absatz noch einmal»…

Die Arbeit war übrigens hochspannend und ich habe sie mir mehr als einmal vorlesen lassen.

Jetzt noch einmal zur Wiederholung: die ursprüngliche Aussage war: «Lesen schreiben und rechnen muss man immer können»…

Aber es geht heute offenbar auch ohne.

Jetzt bin ich mit meinem allerbesten und allwissenden  Freund «G» in Thailand unterwegs.

Dem Land des Lächelns. Mein Kulturschock ist gigantisch und mega überdimensional, aber das ist eine andere Geschichte.

Ich habe mich durch die 10 Millionenstadt Bangkok hindurch geschlagen und bin in den Norden nach Chiang Mai gereist. Danach hinunter in den Südosten in eine Region in welchen es nur einfachste Landwirte gibt. Jede Familie hat am Straßenrand seinen Verkaufsladen und verkauft die Produkte, welche sie in ihrem eigenen Garten produzieren. Und das sogar wenn die Straße mitten durch den Dschungel führt. Da hast du also zwei Kilometer Baum am Baum und dann mitten im Dickicht des Jungel eine auf holzstützen stehende Baracke, von welcher Du Dich wunderst, dass die nicht schon beim letzten Windstoss zusammen gekracht ist und darunter einen Verkaufsladen mit Gemüse, Frückte und Kokosmilch und ein Tisch mit Stühlen als «CoffeeShop». Nein ich kann weder Strassenschilder noch Speisekarten, geschweige denn informationstafeln lesen. Aber meine TexterkennungApp  kann alles erkennen und mein verknüpfter Freund G übersetze es mir nach Deutsch. Auch ein Satz hat er mir gelernt «ฉันชอบมีสิ่งนี้» den ich oft mit meinen Fingen zusammen anwenden konnte. Und wenn die Thais ein Wort von einem Farang in ihrer eigenen Sprache hören, dann sind sie überglücklich.

Ich kann mithilfe meines Freundes G sogar den Taxifahrer fragen, was eine Fahrt zum Flughafen kostet und das in thailändisch, obwohl ich thailändisch gar nicht kann.

Mein Fazit ist: «Lesen schreiben und rechnen muss man heute nicht mehr können.» ABER wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.

Und für mich ist es an der Zeit in diesem Moment danke an meine liebe Mutter zu sagen. Danke an eine Frau, welche es im Leben nicht immer einfach hatte, zwischen Arsenal

 und Gütsch unter der Brücke wartend, um den Moment der Begegnung mit ihrem Sohn vor der Arbeit in der Nacht abzuwarten. Danke, dass Du Dir so viel Mühe mit mir gegeben hast, das alles durchgestanden hast, und danke, dass Du mich zu dem gemacht hast, was ich heute bin.

Ich erkenne heute deutlich, dass Du mit Deinem damaligen Wissen und den Möglichkeiten zu Deiner Zeit, mehr als das Maximum aus Dir herausgeholt hast und das bedingungslos  für mich eingesetzt hast. Danke vielmals, dass Du mich damals, als Dir alles fast über den Kopf gewachsen ist, mich nicht in ein Kinderheim abgegeben hast. Auch wenn ich heute 😉 nicht mehr rechnen und nicht mehr schreiben und nicht mehr lesen kann wenigstens hier in Thailand nicht.

Danke, dass du mir das Leben auf diesem chaotischen Planeten beigebracht hast.

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Autor: MaWi

Informatiker seit 1983.

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